War früher alles wirklich besser?
1987 war ich zum ersten Mal auf einem Hundeplatz.
Tierheimhund Bino, ein Rottweiler-Mix, war damals zwei Jahre alt und ein sogenannter Dauersitzer im Tierheim. Er sollte auf ein Leben in seiner neuen Familie vorbereitet werden, da er bei seinem Vorbesitzer nichts kennengelernt hatte. Stattdessen hatte er sich angewöhnt, Menschen in den Ärmel zu beißen, wenn er sich besonders freute. Grund genug, ihn in eine Hundeschule zu schicken.
Zur Grundausstattung gehörten ein Stachelhalsband und ein Knüppel, der ihm bei besonderer Freude zwischen die Zähne geschoben wurde, um ein Beißen zu verhindern. Mit gezieltem Leinenruck und scharfer Befehlssprache zeigte man ihm, wie man sich einen Traumhund vorstellte.
Erstaunlicherweise ging Bino gerne in die Hundeschule und lernte gut. Es gab aber auch sensible Hunde, die ein Meideverhalten zeigten und keinen Spaß an der Arbeit auf dem Hundeplatz mit ihrem Menschen hatten.
Inzwischen bin ich selber Hundeausbilderin und weiß es besser.
Heute sind alle Starkzwangmittel wie etwa Elektro- oder gar Stachelhalsbänder auf guten Hundeplätzen tabu. Man setzt auf eine gute Lernatmosphäre ohne Druck und auf positive Motivation statt auf Gewalt und militärisches Gebrüll.
Es wird darauf geachtet, dass Mensch und Hund ein Team bilden und sie gemeinsam voneinander und übereinander lernen.
Denn nur eine von beiden Seiten verstandene Mensch-Hund-Kommunikation führt zu einem harmonischen und ausgeglichenen Zusammenleben von Zwei-und Vierbeinern. Die Unterschiede der menschlichen und hündischen Kommunikation werden aufgezeigt und erläutert, denn genau hier liegt die Wurzel der Missverständnisse.
So greifen Menschen instinktiv nach dem, was sie schützen wollen. Greift man aber nach seinem Hund, weil er die unmittelbare Nähe des Menschen suchen soll, so wird er eine gewisse Distanz einhalten wollen.
Man sieht, dass die unterschiedlichen angeborenen und angelernten Verhaltensweisen von Mensch und Hund zu Fehlverknüpfungen führen können. Statt des gewünschten Miteinanders erwächst ein Nebeneinander.
Es gilt, eine für beide Mensch und Hund ideale Lösung zu finden. Der Mensch wird hündisch" lernen, um sich in der Sprache mit seinem geliebten Vierbeiner zu unterhalten, die dieser auch verstehen kann.
Das bedeutet aber nicht, dass Hundefreunde nun bellend über die Hundeplätze laufen müssten. Auch das Setzen von Duftmarken zum Abstecken des Reviers ist nicht erwünscht.
Hündisch" zu kommunizieren heißt, in hündischer Kommunikationsstruktur zu loben, zu tadeln oder zu begrüßen wie es Hunde auch untereinander machen.
Die Kommunikation zwischen Mensch und Hund erfolgt auf ruhige, teilweise nonverbale Weise. Durch die hierbei notwendige Konzentration des Hundes auf seinen Menschen und die des Menschen auf seinen Hund wird das soziale Band zwischen beiden gestärkt und in harmonischer Art gefestigt.
Gute Hundeschulen haben nichts zu verbergen und laden Interessierte meist zu kostenlosen Probestunden ein. In dieser Zeit merkt man sehr gut, ob es der richtige Ort ist, um zu einem stimmigen Mensch-Hund-Team zu reifen.
Bino wurde übrigens gut in eine Familie vermittelt. Einige Jahre danach traf ich ihn mit seinem Frauchen im Wald. Sie war völlig geschockt, weil er mir vor lauter Freude über unser Wiedersehen in den Jackenärmel zwickte. Sie hatte dieses Verhalten noch nie bei ihm gesehen und wunderte sich, dass ich darüber lachte.
Ich wusste nun, dass er mich trotz alledem nicht vergessen hatte und dass er sich wirklich freute, mich wiederzusehen.
Er starb mit 14 Jahren bei seiner Familie an Altersschwäche.
Mit freundlicher Genehmigung von Christine Wasgien